#88 Wildplastic x Bergzeit

Shownotes

In dieser Folge geht es um ein Thema, das uns alle betrifft: Plastikmüll. Moderator Jan begrüßt Christian Sigmund, einen der Mitgründer von WILDPLASTIC, einem innovativen Start-Up aus Hamburg. Gemeinsam sprechen sie darüber, wie WILDPLASTIC es sich zur Mission gemacht hat, sogenanntes „wildes Plastik“ – also Plastikmüll, der außerhalb regulärer Recyclingströme in der Umwelt landet – wiederzuverwenden und so den Kreislauf zu schließen. Chris gibt spannende Einblicke in die Gründungsgeschichte, die globalen Herausforderungen rund um Plastikabfall und die Zusammenarbeit mit lokalen Sammelorganisationen in den am stärksten verschmutzten Regionen der Welt. Erfahrt, wie WILDPLASTIC und Bergzeit gemeinsam daran arbeiten, Verpackungen nachhaltiger zu gestalten, und warum es dabei nicht darum geht, alles perfekt zu machen – sondern Schritt für Schritt zu einer saubereren Umwelt beizutragen. Freut euch auf inspirierende Geschichten, ehrliche Einblicke und praktische Tipps, wie jeder Einzelne von uns Teil der Lösung werden kann.

Mehr aus dem Inhalt & Timecodes:

  • [00:01:26] Wie entstand die Idee für WILDPLASTIC?
  • [00:03:22] Die 3 Milliarden ohne Müllabfuhr
  • [00:04:45] So funktioniert die Rückführung von wildem Plastik konkret
  • [00:06:29] Vermittlerrolle oder produzierendes Gewerbe?
  • [00:07:40] Einsatzorte: In welchen Regionen der Welt sammelt ihr Plastik?
  • [00:09:12] Warum landet eigentlich Plastik in abgelegenen Gebieten?
  • [00:11:12] Wie entsteht Wertschöpfung bei WILDPLASTIC?
  • [00:15:13] Der Impact von WILDPLASTIC
  • [00:18:02] Motivation statt Demotivation bei riesigen Problemen
  • [00:21:02] Definition von Nachhaltigkeit – Was bedeutet der Begriff für dich?
  • [26:01] Nachhaltigkeit: Verantwortung und Perspektivenwechsel
  • [31:45] Unerwartete Folgen informeller Zusammenarbeit
  • [35:00] Kooperationsmöglichkeiten mit WILDPLASTIC

Nützliche Links [Hier geht's zur Website von WILDPLASTIC:] (https://wildplastic.com/))

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Transkript anzeigen

Podcast Jingle: Der Bergzeit Podcast ist dein Podcast für mehr Bergzeit. Egal ob neben dem Gipfelkreuz oder auf dem Weg ins Büro. Wir wollen die Berge zu dir bringen. Immer und überall.

Jan: Servus zusammen, ich bin's Jan und ich freue mich, dass du wieder mit dabei bist bei 1 neuen Folge des Bergzeit Podcast. Ja, die heutige Episode ist wirklich eine besondere. Alle treuen Zuhörenden erwarten gemäß unseres Turnus wahrscheinlich eine Beratungsfolge. Ist es irgendwie auf eine Art und Weise auch, dann aber irgendwie halt auch doch nicht mehr. Und bevor ich jetzt weiter antiese und nur alle verwirr, jumpen wir direkt rein und ich lüfte das Geheimnis und sag Servus Chris und herzlich Willkommen im Bergzeit Podcast.

Chris: Moin Jan, hey, schön hier zu sein.

Jan: So, jetzt weiß man natürlich immer noch nicht, wer du bist und worüber wir reden. Deswegen, Chris, magst du dich einfach ganz kurz vorstellen und auch unser heutiges Thema?

Chris: Das mache ich gerne. Ich bin Chris, 1 der Mitgründer von Wild Plastik. Schöne Grüße aus dem hohen Norden. Wir sitzen in Hamburg.

Jan: Man hat es gehört mit dem Moin.

Chris: Ja, was machen wir? Wir retten wildes Plastik aus der Umwelt oder stoppen es auf dem Weg und bringen es zurück in den Kreislauf. Und das machen wir mit euch zusammen mit Bergzeit. Was wir genau machen, das werdet ihr heute erfahren. Ich freue mich sehr hier zu sein.

Jan: Ja, mega, mega cool. Sag mal, wie kommt man überhaupt zu der Gründung von so 1 Startup-Idee? Also ich glaube, man kennt viele Nachhaltigkeitsideen. Es gibt viele verschiedene Startups, die sich irgendwo mit dem Plastikthema auseinandersetzen. Aber es ist ja dann doch am Ende was sehr Spezifisches. Wie kamst du dazu? War das irgendwie Eigeninteresse? Gab es irgendeinen Schlüsselmoment, wo du gesagt hast, okay, irgendwas muss ich dagegen machen?

Chris: Ja, ich glaube, da ist ganz viel zusammengekommen. Also erst mal gibt es uns, weil wir ein Problem haben. Der Großteil des Plastikmülls, den wir jemals produziert haben, der ist eben nicht zu Hause im Hausmüll gelandet, sondern der liegt da draußen in der Natur. Und ein Fakt, knapp 3000000000 Menschen leben ohne Zugang zu 1 Müllabfuhr. Also da gibt es keine Mülltonne, keine Stadtreinigung, die das zu Hause abholt. Und da landet das ganze Material zwangsläufig irgendwann in der Umwelt, früher oder später. Aber das heißt ja noch nicht sofort, dass man was gründet. Und für mich war es so, ich habe was ganz anderes gemacht früher. Ich habe bei YouTube gearbeitet und hatte so ein bisschen das Gefühl, ja, wir arbeiten hier noch nicht an den drängendsten Problemen unserer Zeit. Es gibt da draußen irgendwie andere Themen. Ja, Und das fühle ich heute immer noch so. Und dann war es für mich eigentlich eine Reise. Eine Reise nach Peru, in den Norden Perus, wo ich surfen wollte, Spanisch lernen wollte und dann irgendwann von ziemlich heftigen Regenfällen überrascht wurde, über Nacht. Und im Grunde die gesamte illegale Abfalldeponie aus den Bergen an den Strand gespült wurde und das Problem wortwörtlich vor meinen Füßen lag. Das war ein Impuls, bei dem ich gesehen habe, hey, hier ist offensichtlich irgendwas im Argen und ich glaube, das Plastikmüllproblem kennen wir alle, ob wir es aus Urlauben oder Berichten oder Bildern. Ja und so ging es ein paar anderen Leuten auch. Wir haben Wild Plastik zu SIPP gegründet. Also wir sind ein Gründer-Kollektiv, die alle ihre eigenen Erfahrungen und eigenen Berührungspunkte mit dem Problem hatten. Ob im Design, in der Produktion, auf Reisen, im Beruf. Und wir haben gesagt, entweder wir werden depressiv oder wir machen was. Und wir haben Wild Plastik gegründet.

Jan: Ja mega, ich glaube, es ist die deutlich bessere Option als depressiv zu werden. Finde ich auch. Also mich hat gerade der Fakt fast vom Stuhl gehauen. 3000000000 Menschen, wie viele sind auf der RR 8 oder 9?

Chris: Ja knapp, dazwischen glaube ich. Boah.

Jan: Okay, also das ist wirklich ziemlich ziemlich heftig. Okay und dann kommt daher auch der Name, oder? Wildes Plastik, Wild Plastik, ist naheliegend.

Chris: Genau, also vorne angefangen, 3000000000 Menschen haben keinen Zugang zu 1 Abfallwirtschaft. Das ist schon mal der Grund, warum das Material in der Umwelt landet. Man denkt immer, ach, das liegt daran, weil die Leute irgendwie sich nicht ums... Nee, die kümmern sich alle schon sehr viel ihren Müll. Die haben aber kein System. Und in den Ländern hast du eben hohe Plastikemissionen. Und Wir haben bei Wildplastik gesagt, wenn wir das Problem lösen wollen, dann müssen wir erst mal die Perspektive ändern. Der Blick auf das Material, das ist Müll und Müll in der Umwelt, das suggeriert ja, dass das erst mal wertlos ist. Ich finde, Wenn du die Perspektive änderst und sagst, naja, das ist dann wertlos, wenn es für uns wertlos ist. Was ist denn, wenn wir dem einen Wert geben? Dann ist es ein Wertstoff. Und für uns sind das Wertstoffe in der Umwelt. Wir nennen es das wilde Plastik. Ja, wir benutzen in der Industrie ganz, ganz viel Plastik. Wir produzieren jedes Jahr 400 Millionen Tonnen. Was wäre, wenn wir erst mal anfangen, das ganze wilde Plastik zurückzuholen, was in der Wildnis oder auf dem Weg dahin ein Problem ist und in der Industrie eigentlich ein Wertstoff wäre?

Jan: Lassen Sie uns kurz mal mehr im Detail darauf eingehen, wie das dann bei euch funktioniert, weil ihr sprecht davon, quasi wildes Plastik aus der Umwelt zurückzuholen und dann wieder in den Kreislauf zu bringen. Wie funktioniert das aber konkret bei euch?

Chris: Ja, also der Name ist Programm. Wir arbeiten an den vermülltesten Orten der Welt mit lokalen Sammelorganisationen. Und da hörst du jetzt schon, es gibt nämlich irgendwo Strukturen und Organisationen, sie sind nur eben informell. Es ist keine formelle Abfallwirtschaft, sondern es sind Menschen, die schon seit vielen Jahren Abfälle oder Wertstoffe sammeln. Metalle, PET-Flaschen teilweise auch. Und mit diesen Organisationen arbeiten wir zusammen, zu checken, hey, da liegen so viele Folien bei euch, ja, also Plastikfolien. Das ist eigentlich das größte Problem. Dünn wird schnell zu Mikroplastik, ist dann irreparabel verschwunden. Ist es auch sammelbar und können wir da gemeinsam einen Stoffstrom draus machen, also eine homogene Masse an Plastikfolien, die man wieder gut recyceln kann. Ja und das ist im Grunde unsere Hauptarbeit, dass wir mit diesen Organisationen viel über WhatsApp, sehr viel informell zusammenarbeiten, die im Prinzip an die Kreislaufwirtschaft anzuschließen. Ja und dafür zu sorgen, dass aus diesen vermülltesten Orten der Welt irgendwann Containerweise gesammeltes, sortiertes Plastik seinen Weg zum nächsten Recycler findet. Und der nächste Recycler ist entweder vor Ort, idealerweise, und wenn er nicht vor Ort ist, dann in Europa. Wir wählen immer den kürzesten Weg. Und dann wird über das Recycling aus dem gesammelten Müll wieder ein Rohstoff, also so ein Granulat, das musst du dir wie so Linsen vorstellen. Und das ist der Rohstoff für die Produktion. Da kannst du dann wieder etwas Neues draus machen.

Jan: Okay, also Seid ihr dann wirklich mehr in 1 Vermittlerrolle oder ist es tatsächlich so, dass ihr selber auch ein produzierendes Gewerbe seid, weil ihr dann am Ende auch wieder was daraus herstellt aus diesem Granulat?

Chris: Ja, das ist eine super Frage. Uns gehört nichts in dieser Lieferkette. Uns gehört weder die Sammelorganisation, noch der Recycler, noch die Produktionshalle am Ende, sondern wir sind im Grunde die Systeminnovation da drüber. Also unser einziger Antrieb war, weißt du, uns gibt es am Ende, weil wir sagen, hey, wir müssen irgendwie das Plastik aus der Umwelt zurückholen. Das ist der Grund der Existenz von Wild Plastik. Und ich glaube ziemlich fest daran, dass wir das anders machen müssen, als in den vergangenen Jahren, dass wir neue Werkzeuge brauchen. Und ein Werkzeug ist für mich auch die Zusammenarbeit und das Miteinander machen. Und nicht nach so einem alten Paradigma zu denken, naja, ich mache das alles alleine und wir machen das irgendwie, weil Plastik ist die einzige Lösung. Das ist es nicht. Wir müssen mit den Organisationen, mit den Recyclern, mit den Convertern und eben auch mit euch eigentlich ein neues System bauen, das dafür sorgt, dass das Material aus der Umwelt am Ende wirklich wieder seinen Wert findet. Und dafür müssen wir nicht die Produktionshallen besitzen, überhaupt nicht.

Jan: Ich glaube, Philipp Westermeyer aus dem OMR-Podcast würde jetzt sagen, sehr asset light seid ihr unterwegs, so als Organisation. Was aber, glaube ich, am Ende auch wieder irgendwo von Vorteil ist. Du hast gerade gesagt, ihr seid an den vermülltesten Regionen der Welt irgendwo tätig. Beschränkt sich das dann wirklich auf ein paar ganz spezifische Länder oder sind es dann wirklich einfach, du sagst, fast einzelne Kontinente? Und was sind das dann für Organisationen? Du hast ja gesagt, sehr informell. Kann man sich das so vorstellen, dass sich da dann wirklich vielleicht auch Bürger vor Ort einfach zusammenschließen und sagen, ey, es ist hier vor meiner Haustür, wir müssen hier was machen. Kannst du uns da noch einen kleinen Einblick geben? Klar.

Chris: Also du kannst im Grunde eigentlich eine Weltkarte zeichnen und je dunkler die Farbe, desto höher sind die Plastikemissionen. Und die dunkelsten Gebiete der Welt sind dann vor allem Südostasien, also hauptsächlich Indien, China, Indonesien, Thailand, Vietnam so als Hauptschwerpunkte. Und dann hast du auch noch Afrika, Westafrika, du hast Nigeria, Ghana, Sierra Leone. Die haben alle Plastikemissionen größer 80 Prozent. Ja, also übersetzt 80 Prozent des benutzten Plastiks landet in der Umwelt. Deutschland, schätzt mal, was ist die Emissionsquote in Deutschland?

Jan: Puh, vielleicht die Hälfte?

Chris: 0, 1 Prozent.

Jan: Oh krass.

Chris: Also und das sind Parkplätze, Waldwege, Wanderwege. Ja, da wo die Leute, also da wo die Müllabfuhr im Grunde nicht hinkommt und nicht regelmäßig sammelt, weiß ich nicht, bei dir in der Gegend gibt es bestimmt ein paar schöne Trails und da wirft dann jemand mal eine Plastikflasche weg. Das sind die 0, 1 Prozent.

Jan: Wow.

Chris: Aber das gibt dir eine Idee von 80, 85, 90 Prozent Emissionsquote.

Jan: Das ist total krass.

Chris: So, wie viel das ist.

Jan: Aber ich finde, ehrlicherweise, man merkt es halt auch, wenn du in der Gegend mal unterwegs bist und du bist da irgendwo auch in deiner Natur, dann denkst du dir, okay, ich bin hier eigentlich so weit weg von jeglicher Zivilisation und plötzlich liegt hier ein kompletter Plastikmüllhaufen aus Flaschen, Folie, keine Ahnung was. Und du denkst, ey, wie kommt das hierher überhaupt?

Chris: Ja, ja, ja. Und da gibt es verschiedene Gründe. Also du hast bei Plastik, was in den Gewässern landet, am Ende die Ströme und Gezeiten, die das einfach die Welt tragen. Du hast ganz viele illegale Deponien, wo Material einfach aus der Stadt gefahren wird und irgendwo hinterm Berg verklappt wird. Du hast Wind und Wetter, also du hast ganz viele Einflüsse. Aber was wir machen, ist, wir suchen uns im Grunde die vermülltesten Regionen der Welt erstmal als Fokusgebiet aus. Wir nehmen jetzt mal das Beispiel Indien und da sind es dann eben auch bestimmte Gebiete in Indien. Das ist nicht das ganze Land gleich verteilt, sondern es sind Randgebiete der Städte, es sind Küstengebiete Und da arbeiten wir mit Organisationen, wie du eben schon sagtest, informellen Organisationen zusammen, die sich im besten Fall schon so zusammengetan haben, dass da hunderte oder tausende von Menschen Materialien sammeln und sich selbst organisiert oder auch über ein lokales Unternehmen zusammenschließen und gucken, dass sie das Material verkauft kriegen.

Jan: Okay.

Chris: Am Ende haben die ein Interesse, das muss man ganz klar sagen, die möchten den Lebensunterhalt bestreiten. Die wollen Geld verdienen. Das ist auch Fair Play.

Jan: Fair enough, yeah.

Chris: Also fair enough und das Problem ist, die verdienen natürlich nur Geld, wenn ihnen das jemand auch abnimmt. Und wenn du erst mal diesen Haufen Müll vor dir hast, das kauft dir keiner ab, das kannst du nur verbrennen. Deswegen ist unsere gemeinsame Leistung zu schauen, was kann gesammelt und sortiert und gewaschen und aufbereitet und baliert werden, sodass daraus wirklich wieder ein wertvoller Stoffstrom wird, wie ich sagte.

Jan: Dann liegt aber darin auch eure Wertschöpfung? Also weil am Ende müsst ihr euch ja als Organisation auch irgendwie am Leben halten.

Chris: Genau. Ja, stell dir vor, vor Wild Plastik wurden da keine Folien gesammelt und nicht aus der Umwelt gerettet und nicht sortiert. Und mit Wild Plastik holen wir jetzt auf einmal tonnenweise Folien raus und gucken, dass die Menschen vor Ort einen neuen Einkommensstrom haben, dass das Material aus der Umwelt verschwindet und dass es woanders als Wertstoff wieder eingesetzt wird. So, das ist der Unterschied.

Jan: Ja, perfekt. Ja, ich glaube, so ist es irgendwie auch echt ziemlich verständlich dargestellt. Und das, was wir ja am Ende tun gemeinsam oder was uns auch irgendwo verbindet ist, dass wir als Händler haben ja auch immer einen gewissen Need an solchen Ressourcen, also wenn wir Verpackungen nutzen und so weiter und da kommt ihr jetzt dann mit ins Spiel, weil wir beispielsweise Tüten von euch verwenden, beispielsweise halt unsere Verpackungen damit auch wieder ein Stück nachhaltiger zu gestalten. Und ich glaube, wenn man das mal verstanden hat, dann schließt sich wieder so dieser ganze Kreis, oder?

Chris: Im wahrsten Sinne, Also im allerwahrsten Sinne, weil was du ja gerade beschreibst ist und vielleicht für die Zuhörenden, wir retten das Plastik ja nicht nur aus der Umwelt und legen es dann ins Lager, sondern die Idee von Wild Plastik ist, dass daraus wieder was Neues wird. Und das war auch am Ende die große Herausforderung. Also das Sammeln und Retten ist das eine, daraus aber wieder eine neue Versandverpackung oder einen Poly-Beutel zu machen, also das, was man manchmal noch die Klamotten drum hat als Schutzfolie, Da muss es schon einen ziemlich guten Job vorher machen bei der Sammlung und Sortierung, dass die Hersteller das über ihre teuren Maschinen laufen lassen. Und auch das ist unsere Arbeit. Wir gucken, dass ihr daraus eine Versandverpackung macht, die bei euren Kundinnen und Kunden ankommt. Und im Idealfall, da kommen wir vielleicht gleich noch mal zu, eigentlich der sozusagen der Moment entsteht, hey, das ist noch Plastik. Aber cool, das regeneriert ja an anderer Stelle. Aber cool, das hat einen sozialen Impact und das sorgt dafür, dass es nicht

Jan: mehr in der Umwelt liegt. Wie stark ist das denn? Da komme ich gerade wieder so ein bisschen auf die krasse Zahl mit den Prozentzahlen der Plastikemissionen zurück. Also korrigiere mich, wenn ich da in 1 zu naiven und schönen Welt lebe, aber ich denke mir halt, hey, wenn dieses Plastik in Summe dann vielleicht aus 1 Region kommt, wo ich 80, 90 Prozent Plastikemissionen habe und dann kommt bei mir hier ein Werkzeugpaket an und da ist eine Wild-Plastiktüte und ich bin jetzt aber halt hier in Deutschland, wo ich 0, 1 Prozent Plastikemissionen habe, weil wir eben hier die entsprechende Infrastruktur haben und weil wir hier glaube ich sehr weit sind einfach in den ganzen Themen, dann ist es ja trotzdem schon mal ein viel größerer Gewinn, wenn das Ding am Ende bei mir im Worst Case wieder im Müll landet. Weil klar, ich könnte es auch noch mal für irgendwas verwenden, auf irgendeine Upcycling-Methode. Aber selbst wenn es einfach nur bei mir banal wieder im Müll landet, landet es doch lieber hier in Deutschland mit 0, 1% Plastikemission im Müll als irgendwo in dieser anderen Region. Auf den Punkt.

Chris: Also das ist der Grund, warum wir mit White Plastic die Produkte oder Verpackungen nur in Deutschland oder in Europa vertreiben, da wo es eben nicht wieder in der Umwelt landet.

Jan: Okay.

Chris: Also deswegen verkaufen wir nicht in Indien oder Indonesien oder in Ghana, weil wir wüssten ja, dass 8 von 10 Versandtaschen da wieder in der Umwelt landen. Und ich meine, dann würde ich sagen, haben wir das Ziel verfehlt.

Jan: Ja, voll. Einfach nur so rein aus Neugierde raus, wenn du euch einordnen müsstest auf 1 Skala. Also 100 Prozent ist so, okay, geil, wir haben genau den Impact, den wir haben wollen. Mehr können wir eigentlich nicht rausholen. Wo seht ihr gerade euer Potenzial? Also sagst du, ey, das ist gerade nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben irgendwie mit dem, was wir bisher gemacht haben, vielleicht, keine Ahnung, 10 Prozent und da ist noch so viel mehr Potenzial oder sagst du, okay, mit dem, wie wir jetzt gerade unterwegs sind, da holen wir jetzt schon eigentlich das meiste an Potenzial raus, was hinter diesem Modell steckt?

Chris: Ja, toffe Frage.

Jan: Ja, glaube ich.

Chris: Also ich erkläre dir auch warum. Also das Ding ist ja, wir sprechen über Milliarden von Tonnen, die in der Umwelt liegen. Und was wir ja machen ist, dass wir jetzt gerade anfangen und da erst mal tausende von Tonnen zurückholen. Und also wenn ich das mal anwende, dann sind wir bei unter einem Prozent vom Potenzial. Also weit drunter. Deswegen wollte ich auch am Anfang sagen, wir werden das nie alleine schaffen, aber darum geht es ja nicht immer im Leben. Also die Mission ist nicht, dass wir das alleine machen, sondern die Mission ist, dass wir heute hier und jetzt beweisen, dass es geht, dass wir beginnen und dass wir anfangen, das Richtige zu tun und eigentlich jeden Tag ein bisschen besser als gestern sind. Und da würde ich sagen, da sind wir schon auf einem guten Weg. Da würde ich mal irgendwie uns 50 Prozent geben, weil ich glaube, wir jetzt mit euch und auch mit anderen Partnern ins Machen kommen und einfach nicht mehr nur noch aufs Problem gucken, sondern an all den richtigen Stellen jetzt anfangen, Materialien einzusetzen, die woanders in der Umwelt lagen. Wie stark ist das denn? Ja, mega. Jetzt wird es mal kurz, also Jetzt müssen wir einmal ganz kurz rauszoomen und auf das Gesamtproblem gucken. Was muss dafür eigentlich passieren? Ich glaube, wir alle haben das gleiche Interesse. Wir bei Bergzeit, wir bei Wild Plastic, wir wollen eine gesunde, saubere, natürliche Umwelt, die uns viel Spaß bereitet in der Zukunft. Die Systeme in den Ländern müssen finanziert werden. Also irgendwie müssen wir dafür sorgen, dass in Ghana, Sierra Leone, Nigeria eine ähnliche Abfallwirtschaft finanziert wird wie hier, überhaupt erst mal das zu stoppen. Und Da ist jetzt die Frage, wer bezahlt das? Tragen wir einen Teil mit oder auch nicht? Müssen das die Länder selber machen? Das ist das Erste. Das Zweite ist, dass es natürlich im Moment noch viel zu günstig ist, neues Plastik zu produzieren, also sogenanntes Primärplastik aus fossilen Energieträgern. Und diese künstlichen Subventionen es teilweise sogar teurer machen, recyceltes Material einzusetzen, was ja schlicht verrückt ist.

Jan: Komplett.

Chris: Ja, und das ist so der zweite Punkt, der sich ändern muss. Und das dritte ist, wir sagen ja nicht, dass Plastik immer das beste Material ist für jeden Einsatzzweck. Auf gar keinen Fall. Wir müssen eine viel differenziertere Diskussion darum führen, wann braucht es biobasierte Materialien. Also ich zeichne mal das Bild vom technischen Kreislauf, da wo die Materialien immer zirkulieren. Also produziert, benutzt, weggeworfen, recycelt und wieder von vorne. Und das Bild des natürlichen Kreislaufs, also so wie die Umwelt funktioniert. Du verbrauchst etwas, es landet in der Umwelt und es wird eigentlich zu einem Nährstoff. Da musst du biobasierte Materialien einsetzen. Ja, und ich glaube, das fängt beim Produktdesign an, das fängt beim Verpackungsdesign an, aber das fängt auch bei den Materialien an, was wir wirklich einsetzen oder welche wir einsetzen. Und das ist noch ein langer Weg und das ist nicht nur die Mission von Wild Plastik. Ich glaube, da müssen wir alle ran.

Jan: Ja, voll. Dem ist erstmal nichts hinzuzufügen. Ich glaube, das ist somit das wichtigste Statement auch, das wir hier jetzt in der Mitte des Podcasts schon mal gedroppt haben. Aber mal noch eine persönliche Frage. Ich stelle es mir manchmal fast sogar ein bisschen demotivierend vor, wenn du dir dann all diese riesigen Zahlen anschaust, also die Milliarden an Tonnen, die da irgendwo noch rumliegen und man hat so das Gefühl, okay geil, ich mache jetzt hier was, ich habe eine Organisation am Start, für uns ja genauso, wir haben jetzt irgendwie eine Partnerschaft, mit der können wir was bewegen, aber dann zeichnet man eben dieses größere Bild, was du gerade auch schon ein bisschen aufgemacht hast. Und wie schaffst du es, dass das nicht irgendwie eine Demotivation ist, wo man sagt, boah, okay, es ist so ein riesen Problem. Versus es ist eigentlich eher Motivation zu sagen, nee, wir müssen da eben alle ran. Wir müssen das alle hinbekommen. Weißt du, was ich meine?

Chris: Ja, ach safe. Also ich würde lügen, wenn ich sagen würde, diese Momente gibt es nicht. Das wäre Quatsch. Natürlich würde ich mir wünschen, dass jetzt alle sehr schnell ganz radikale, mutige Entscheidungen treffen und wir irgendwie insgesamt das Problem in 5 Jahren aus der Welt geschafft haben. Aber da kommt man ja zurück immer auf den Kreis des eigenen Handelns. Was kann ich tun? Und was ist in meinem Einflussbereich? Und was auch nicht? Und ich glaube, ich verwende lieber Energie darauf, zu überlegen, hey, was geht? Was können wir tun? Und wo können wir auch Verantwortung für übernehmen? Und was muss ich vielleicht auch zähneknüschend akzeptieren und irgendwie hoffen oder vielleicht auf andere Art und Weise dahin wirken, dass sich vielleicht die Rahmenbedingungen auch in Zukunft ändern. Aber ich finde, Hoffnung verlieren ist keine Option, niemals. Und ich glaube auch, dass wir nicht unterschätzen dürfen, dass das eigene Handeln am Ende die größte Wirkung haben kann, weil da fängt alles an, egal wie groß es irgendwann mal wird. Das ist immer der erste Stein Und wenn du den nicht ins Rollen bringst, dann kann sich auch nichts bewegen. So ist es nun mal.

Jan: Ja, voll. Hast du für dich eine eigene Definition von Nachhaltigkeit? Beziehungsweise anders gefragt, deckt die sich einfach mit eurer Unternehmensvision, Mission?

Chris: Schon sehr. Also meine Idee von Nachhaltigkeit ist eigentlich, dass die Kids von morgen die Welt in einem besseren Zustand vorfinden, als wir sie heute haben. Erstmal. Und das ist sehr komplex, wie unser Planet funktioniert, wie wir als Menschheit auf diesem Planeten leben, wie wir interagieren, wie Ökosysteme funktionieren. Das ist sehr, sehr komplex und ich würde mir einfach wünschen, dass das alles in einem besseren Zustand ist. Und vor allem die Ökosysteme, als wir sie derzeit haben. Und da geht es nicht nur Maritime oder Ökosysteme, sondern auch Biodiversität, Bodengesundheit etc. Und jetzt machen wir Plastikprodukte und man denkt, was hat das denn damit zu tun? Naja, gesunde Böden haben ganz viel mit Plastik zu tun. Wir wissen, dass mikroplastikbelastete Böden 30% weniger fruchtbar sind. 30% weniger Fruchtbarkeit heißt wahrscheinlich noch viel weniger Biodiversität in erster Linie auf dem Boden und und und. Und da siehst du, das hängt alles zusammen. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen und wenn wir das schaffen, dann bin ich happy.

Jan: Ja, cool. Es ist in sich sehr, sehr schlüssig. Wenn wir jetzt nochmal auf euer Wirken, eure Doings schauen, was sind so für euch jetzt einfach wirklich mal aus der Operativen herausgesprochen so die größten Challenges? Also gibt es Punkte, wo ihr sagt, da ist es einfach echt schwierig, was zu machen, da hängen wir einfach immer wieder?

Chris: Ja, safe klar. Also ganz viel. Das erste ist, und da schließe ich mich jetzt erstmal kurz ein, es ist ja nicht offensichtlich, dass eine Kunststoff-Versandtasche, also eine Plastik-Versandtasche erstmal nachhaltig ist. Da sagen ganz viele Kunden und auch Unternehmen, da nehmen wir lieber Papier, das ist ja eine Naturfaser. Den Eindruck hatte ich am Anfang auch vor Wild Plastik. Den Mythos haben wir im Grunde debunkt, wie man so schön sagt und gezeigt, dass halt eine dünne, superleichte, luftoptimierte Versandtasche am Ende nachhaltiger ist, vor allem aus White Plastic, verrückterweise. Aber da musst du ja erstmal in die Köpfe rein und das aufbrechen und das ist ganz schön viel, das ist eigentlich, wie sagt man, Aufklärungsarbeit. Und da sind wir mit unseren Kapazitäten mega im Stretch. So dann müssen wir natürlich sagen, also am Ende hört sich Wild Plastik immer so cool an und alle sagen ja cool, guck mal, habe ich jetzt die Versandtasche und das klappt ja alles mega. Wir arbeiten ja immer noch mit informellen Organisationen zusammen. Also wir hatten LKWs, die in Nigeria auf halber Strecke für 3 Monate liegen geblieben sind. Wir hatten Organisationen, die wegen politischen Unruhen in Haiti im Grunde ihre Arbeit beenden mussten. Weißt du, wir haben, wir spüren so diese ganze Bandbreite der Realität in diesen Regionen, sage ich mal. Und wir kämpfen manchmal ziemlich hart dafür, dass am Ende einfach die Versandtasche bei euch ankommt. Das sieht nur keiner.

Jan: Ja, glaube ich. Ich glaube, das ist das, wie du schon sagst, wo es diese Aufklärungsarbeit braucht. Und deswegen bin ich froh, dass wir auch den Podcast machen können, weil sowas muss man ja irgendwie auch alles erst mal erklären. Und ich stelle es mir aus eurer Sicht auch schwierig vor. Wie willst du das in der Unternehmenskommunikation wirklich alles so darstellen? Weil am Ende willst du dich auch nicht hinstellen und sagen, wie schwer wir alles haben, aber es sind ja trotzdem genau diese Kleinigkeiten, genau diese Details, über die man halt Bescheid wissen muss, dieses ganze große Bild halt wieder zu verstehen, oder?

Chris: 100 Prozent. Und ich glaube, also wir haben uns sehr früh bei White Plastic dafür entschieden, wir wollen mit Leichtigkeit und irgendwie Optimismus an die Sachen rangehen. Also auch Stichwort, entweder wir werden depressiv oder wir machen was. Und das soll auch in der Kommunikation rüberkommen. So nach dem Motto, hey, wir wollen jetzt nicht irgendwie schwer über das Problem reden, sondern eigentlich leicht über die Lösung und das was geht. Ja. Und das heißt, aber klar, du musst alles total verkürzen und am Ende haben wir jetzt nicht eine halbe Stunde Zeit, allen den sozialen, ökologischen und klimatischen Impact zu erklären. Das ist klar.

Jan: Ja, voll. Sag mal, wie oft ist bei dir im Alltag irgendwie so der Fall, dass du dich selber dann bei irgendwas ertappst und denkst, oh, shit, eigentlich könnte man das schon noch mal besser handeln, aber es ist halt viel komfortabler, es grad anders zu machen. Oder es geht vielleicht auch gar nicht anders. Weil, weiß nicht, ich hab mir so in der Vorbereitung auf das Gespräch auch gedacht, na ja, okay, wenn ihr bestimmt mit ein paar internationalen Ländern ja auch zusammenarbeitet, vielleicht muss man ja auch mal irgendwie vor Ort sein. Und klar, jetzt irgendwie ganz hart gesprochen, nach Ghana oder Indien zu fliegen, ist jetzt auch nicht unbedingt das Allerbeste. Wie gehst du da selber mit dir und deinem Alltag?

Chris: Ja, also die Diskussion hatten wir natürlich auch bei Wildplastik. Noch und nöcher. Und ich glaube, Da denkt man wieder, wir sind natürlich wieder die Kritischsten mit uns selbst, gefühlt. Das ist so eine Beobachtung von mir. Aber im Alltag, du, ich bin junger Papa, ich habe ein kleines Kind, das zweieinhalb Jahre alt und ich habe sehr lange mit Mehrwegwindeln probiert zu arbeiten und das einfach nicht auf die Kette bekommen und bin zurück zu Einwegwindeln und ich sehe jeden Tag, jede Woche sozusagen diesen Windeleimer vor mir mit diesen Chemiekeulen, was sie am Ende sind. Und da kriege ich dreimal am Tag einen Reminder. Das wäre schön, wenn es anders wäre. Aber ja, ich glaube, wir sind nicht perfekt. Plastik ist auch nicht perfekt, das ist auch nicht der Anspruch. Aber wir wollen's heute besser machen als gestern. Und die Fahne dafür hochhalten, dass es geht. Das ist, glaub ich, wichtig.

Jan: Ich glaub, das ist der richtige Ansatz. Ich hab vor einiger Zeit mit Power Germany, also Protect Our Winters, ein Podcast aufgenommen. Die fahren einen sehr ähnlichen Ansatz. Die sagen, ich muss es richtig hinbekommen. Aber ich glaube, es ist Imperfect Advocacy. Also so, hey, wir sind alle bei weitem nicht perfekt und wir lieben auch irgendwie Skifahren in den Bergen zu gehen. Nur es gibt halt trotzdem so viele einfache Dinge, die wir einfach umsetzen können. Und das ist doch immer dann tausendmal besser, als wenn ich gar nichts mache. Das ist das, was du vorhin meintest. Oder wo kann ich ansetzen, was sind diese kleinen Quick-Wins, die es ja eigentlich viel, viel besser machen, anstatt sich dann zu geiseln und zu sagen, okay, nee, ich muss ein perfekter Mensch sein, überhaupt erst mal mit so was anzufangen.

Chris: Richtig, also da wird's dann jetzt schon sehr philosophisch. Aber ist es genau, wie du sagst? Oder sind wir nicht alleine? Patagonia gehört ja auch dazu. Ich glaub, alle erkennen ja an, dass sie sagen, naja wir sind ja jetzt nicht alle per se 100 Prozent nachhaltig, auf gar keinen Fall, dann dürften wir eigentlich gar nichts mehr produzieren. Aber was ist denn, wenn wir trotzdem die Verantwortung erkennen, uns wirklich zu bemühen, dieses System umzubauen mittelfristig? Ich finde, es gibt immer so 2 Zeitschienen. Es gibt einmal die Zeitschiene, hey, es geht jetzt darum für die nächste Generation das Ding zu bauen und zu gucken, dass wir alle diese unsichtbaren Prozesse umbauen und gesündere Materialien einbauen, die Kreisläufe schließen und und und. Das ist so Zeitschiene next generation.

Jan: Und dann

Chris: gibt es die Zeitschiene heute, dass wir in all diesem Druck und ich meine let's be real, ja guck dir mal die Welt an da draußen, was gerade auch an externem Druck auf einem lastet, politisch, ökonomisch etc., dass man aber in diesen Zeiten trotzdem sein Möglichstes tut, ohne sich selber aufzugeben. Ja. Und ich finde, das ist schon ein Spannungsfeld, so den Blick in die Zukunft zu halten und heute hier und jetzt zu agieren. Und das spüre ich auch bei ganz vielen Unternehmen und das ist vollkommen normal. Und das muss man aushalten.

Jan: Aber spürst du es manchmal auch in dem Sinne, dass du mit Unternehmen redest, ihr fragt Kooperationen an und dann gibt es aber eher eine ablehnende Haltung, weil die sagen, wenn wir jetzt da beanfangen, dann können wir das vielleicht nur für einen kleinen Teil machen und nicht komplett und nicht, dass es dann einen Shitstorm gibt, weil wegen potenziell Greenwashing Gefahr und so weiter. Also wirst du damit konfrontiert?

Chris: Also mit letzterem nicht so sehr. Ich glaube, dass wir ziemlich gut und transparent erklären, was wir machen. Und wir haben es, glaube ich, geschafft, da ein hohes Vertrauen aufzubauen. Ich treffe bei Unternehmen aber auf andere Realitäten, die mir sagen, wir haben echt schweres Jahr hinter uns und wir müssen gerade das Core-Business retten, uns über alles andere noch Gedanken machen zu dürfen. Und da habe ich Verständnis für. Also wir haben ganz viele Textilhersteller aus Deutschland, die auf der letzten Rille laufen und denen schon andere Fragen gerade auf dem Tisch liegen. Aber auf der anderen Seite gibt es auch viele Unternehmen, die diese beiden Horizonte, heute und in die nächste Generation, beherzigen. Und dann sagen, wir fangen vielleicht mal klein an und fahren dann hoch und machen jetzt nicht alles auf einmal. Das muss immer abbildbar sein. Das ist ja klar.

Jan: Ja, Okay, spannend. Also ich finde da einfach euren Ansatz extrem cool und ich bin der Meinung, das ist jetzt einfach wirklich von mir persönlich ausgesprochen und nicht im Sinne oder im Namen von von Bergzeit, aber ich bin der Meinung, dass wir als Bergzeit das auch ganz gut hinbekommen, weil da würde ich wieder die Brücke zu schlagen zu dieser Nachhaltigkeitsdefinition. Wenn du ganz streng danach gehst, dann dürfte es uns ja eigentlich auch nicht geben, weil am Ende sind wir ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen. Und weißt du, was ich meine? Es dürfte eigentlich nicht so da sein, im ganz krassen Nachhaltigkeitssinn. Aber trotzdem versuchen wir halt in ganz, ganz vielen verschiedenen Richtungen eben mit kleinen Dingen was zu verändern, was anzupacken. Und da ist so eine Kooperation mit euch dann zum Beispiel halt ein Teil davon. Und ich glaube, diese Denkweise, wenn es da einmal den Schalter umlegt, dann bewirkt das halt super, super viel für auch irgendwie alltägliche Dinge dann von jedem einzelnen Mitarbeiter oder Mitarbeiterin.

Chris: 100 Prozent. Also da triffst du den Nagel auf den Kopf. Und ich glaube, du hast auch nochmal sehr gut beschrieben, dass es ja eigentlich diese Reflexionsprozesse geht, diese kritischen. Hey, ist nicht alles perfekt? Check. Und dann aber in den Optimismus umzuschalten, aber was können wir denn machen und was sind denn mögliche andere Lösungen?

Jan: Genau, ja.

Chris: So, ja und wenn man sich das die ganze Zeit beibehält und eigentlich Stück für Stück, Monat für Monat, Jahr für Jahr sich sozusagen diese kritischen Fragen oder Spannungen dreht, dann bist du nach ein paar Jahren auch an einem ganz anderen Ort.

Jan: Voll.

Chris: Und das hat auch was mit Mut zu tun, das muss man schon sagen. Da muss man mutig sein, sich dem zu stellen und auch auszuhalten, wenn es vielleicht gerade keine Antwort gibt. Ja. Und das ist vielleicht nicht so cool, fühlt sich in dem Moment nicht so gut an, aber das gibt's auch und gehört auch dazu.

Jan: Ja, ich wollte gerade sagen, es war mir gar nicht so easy, aber wie du schon sagst, gehört einfach dazu. Lasst uns mal gegen Ende des Podcasts noch so einen kleinen Ausblick wagen. Was sind für euch gerade so diese Major Steps, die ihr noch vor euch habt, wo ihr sagt, okay, die nehmen wir uns für die nächsten Jahre auf jeden Fall noch vor?

Chris: Ja, also alle, die jetzt zugehört haben, die verstehen wahrscheinlich, dass unser Ziel wahnsinnig simpel ist. Wir wollen so viel wildes Plastik wie möglich aus der Umwelt retten. Also das ist so unsere Jahresbilanz, unser Jahresabschluss. Und je mehr, desto besser. Simplest that. So dafür kämpfen wir jeden Tag. Aber auf 1 anderen Ebene geht es uns natürlich auch darum, mit den Organisationen selbst die Zusammenarbeit immer noch mal weiterzuentwickeln. Also wir haben mit 1 Organisation den WFTO-Status erreicht, kurz vor alle Zuhörenden, WFTO, World Fair Trade Organization. Das ist im Grunde der Fair Trade Standard, den man aus anderen Bereichen schon kennt. Jetzt aber beim wilden Plastik, was ist denn da los? Also fair gesammeltes wildes Plastik im Grunde. Naja, da geht es Mindestlöhne, Living Wages, das was den Menschen gezahlt werden kann. Das ist für mich eine super kritische Frage.

Jan: Was ist

Chris: eigentlich die systemische Veränderung vor Ort? Also was ändert sich denn vor Ort jetzt neben dem gesammelten Plastik? Können hier Strukturen entstehen? Kann da eigentlich ein wirtschaftliches Unternehmen draus werden auf der anderen Seite und und und. Das ist so der zweite Punkt. Und der dritte ist, dass wir natürlich neben Folien auch ganz viel anderes Plastik finden.

Jan: Wir haben

Chris: uns sehr bewusst für Folien entschieden. Das war sozusagen die Problembrille. Was ist am meisten da, was wird am wenigsten gesammelt, was ist am problematischsten. Aber natürlich gibt es da auch noch Kanister, Bottiche, Flaschen etc. Und da gucken wir gerade schon sehr genau hin, was daraus werden könnte.

Jan: Ja, glaube ich. Ist eigentlich voll krass, weil wenn du das so schilderst, dann wird mir gerade auch nochmal bewusst, dass ihr ja eigentlich auch Auslöser sein könnt für viel, viel mehr, was ihr dann gar nicht mehr in der Hand habt. Also, ihr arbeitet mal mit 1 super informellen Organisation zusammen, Aber plötzlich macht man sich Gedanken drüber, okay, könnte man vielleicht irgendwie die Arbeit, die die leisten, sowieso vielleicht irgendwie monetarisieren, könnte dann daraus vielleicht eine Struktur entstehen. Dann wird da plötzlich, keine Ahnung, am Ende vielleicht eine Privatwirtschaft draus und dann habt ihr das gar nicht mehr in der Hand. Aber ihr habt diesen initialen Spark mal ausgelöst, dass sich da was tut. Und das ist ja eigentlich schon richtig krass.

Chris: Boah, Gänsehaut. Ja, das ist schön, dass du das gerade beschrieben hast und dass du das sagst, weil das ist genau die Wirkungslogik, die wir bei Y-Plastik haben. Also wir glauben nicht, dass wir für immer diejenigen sein müssen, die mit den Organisationen zusammenarbeiten. Wir möchten aber der Beschleuniger sein, der ihnen hilft ins Leben zu kommen und irgendwie auf eigenen Beinen zu stehen. Und deswegen ist auch ganz wichtig, dass uns diese Strukturen nicht gehören. Wir sollen selbstständig, unabhängig und sehr gerne erfolgreich sein, dass da die Abfahrwirtschaft der Zukunft entsteht und hoffentlich ganz viele Menschen ein besseres Leben mit einem besseren Einkommen vor sich haben und wir sind sehr happy, wenn wir dafür einen Anschluss gegeben haben.

Jan: Ja, sehr cool. Chris, ich würde sagen, an der Stelle machen wir ein ganz kurzes Zwischenfazit in Form von unserem Bergwissen zum Mitnehmen.

Stephanie Nonnemann: Bergwissen zum Mitnehmen

Jan: Erstens. Seit den 50er Jahren wurden weltweit 6, 3 Milliarden Tonnen Plastikmüll produziert. Jedes Jahr kommen 400 Millionen Tonnen Neuplastik hinzu, Tendenz steigend. 9% davon wurden recycelt, 12% wurden verbrannt und ganze 79% liegen noch in der Umwelt. Diese Menge an Plastikmüll in der Umwelt hat enorme Auswirkungen auf Mensch und Natur und daher setzt Wild Plastik genau dort an, eine Lösung zu bieten. 2. Wild Plastik wurde mit der Mission gegründet, die Welt vom wilden Plastikmüll zu befreien. Wildes Plastik ist all das Plastik, welches sich außerhalb des Recyclingkreislaufs auf illegalen Mülldeponien, in der Natur oder im Straßenbild befindet. Wildplastik sammelt dieses wilde Material zusammen mit deren PartnerInnen und verarbeitet es zu neuen Produkten. Zum Beispiel Versandtaschen, die wir bei Bergzeit wiederum in unseren Paketen verwenden. Drittens, es geht nicht darum, jede Sekunde im Alltag ein perfekt nachhaltig denkender und handelnder Mensch zu sein. Es geht darum, am Ball zu bleiben und als Individuum Kleinigkeiten zu bewirken, die im Kollektiv zu etwas Großem werden. So lieber Chris, ich würde sagen, wir nähern uns langsam dem Ende zu. Es ist Wahnsinn, wie schnell da immer die Zeit vergeht. Ich habe auch so das Gefühl, wir müssen vielleicht in so ein paar Monaten einfach nochmal so einen Anschluss-Podcast machen.

Chris: Ja, fände ich gut.

Jan: Einfach schauen, wo wir stehen und was sich alles getan hat, oder? Unbedingt, unbedingt. Ich bin dabei. Gibt es noch irgendeine letzte Botschaft, wo du sagst, das wäre dir wahnsinnig wichtig, das platziert zu haben. Das haben wir jetzt nicht angerissen, das haben wir vergessen. Irgendwas, was du noch loswerden magst. Auch wie man euch vielleicht irgendwie sonst supporten kann, wenn jetzt jemand zuhört und sagt, boah, das klingt mega spannend. Ich will da irgendwie Teil davon sein, was auch immer.

Chris: Ja, also erst mal, ich bin mega stolz und happy, dass wir diese Kooperation gemeinsam auf die Beine gestellt haben und freue mich darüber, wenn ganz viele Zuhörenden sich in Zukunft über ihre Wild Plastik Versandtaschen freuen und ein bisschen besser verstehen, was eigentlich alles dahinter steckt und wie viel Arbeit von ganz vielen Menschen da drin steckt, in dieser Versandtasche. Ich hoffe, das haben wir geschafft. Und ansonsten, ja, und alle da draußen, es braucht viele, eigentlich alle von uns. Das ist das Mantra von Wild Plastik. Und wenn ihr in einem Unternehmen arbeitet, das selber noch Plastik nutzt, an irgendeiner Stelle das Folien braucht und ihr das Gefühl habt, hey, das könnte doch auch aus Wild Plastik sein. Das muss doch auch anders gehen. Dann meldet euch gerne bei mir oder bei uns. Ihr findet uns auf wildplastik.com und könnt uns da schreiben. Aber ansonsten bleibt am Ball. Leute, bleibt dran und guckt, dass ihr euch nicht selbst geißelt an den falschen Stellen, sondern irgendwie guckt, dass morgen ein bisschen besser als gestern wird und dass wir gemeinsam einfach dieses System umbauen.

Jan: Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Wir werden eure Seite auf jeden Fall mal auch noch in den Shownotes verlinken, dass ihr da easy draufklicken könnt. Und ja, dann bleibt mir nichts mehr zu sagen. Alles vielen, vielen lieben Dank dir, Chris. Ich finde es mega stark, was ihr da jetzt schon aufgebaut habt und in welche Richtung es noch geht. Und Fingers crossed, dass es immer weiter nach vorne geht.

Chris: Jan, ich danke dir. Danke fürs Gespräch.

Jan: An euch da draußen, wenn euch der Bergzeit-Podcast gefällt, dann lasst gerne ein Abo und einen Kommentar da. Wir hören uns dann in 2 Wochen wieder bei der nächsten Folge des Bergzeit Podcast. Bis dahin, passt auf euch auf. Ciao, ciao, euer Jan.

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